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Aktueller Beitrag zur Fernsehsendung "Markt" im
NDR. Gerne beraten wir Sie zu diesem Thema. Bitte
beachten Sie aber, dass wir gesetzlich verpflichtet
sind, Beratung nur gegen Vergütung anzubieten.
Den Wortlaut für einen Widerspruch bei Google fin-
den Sie unten kostenlos. Weitere Rückfragen, auch
telefonische Anfragen wären leider kostenpflichtig.
Street-View und Datenschutz
Kaum ein datenschutzrechtliches Thema hat die deutsche Gesellschaft in den letzten Jahren so
sehr beschäftigt wie Geodatendienste im Internet. Anbieter wie Sightwalk.de bieten Ansichten von
Straßenzügen der Innenstädte als virtuellen Stadtrundgang an. Seit jedoch der Suchmaschinenanbieter
Google mit seinem virtuellen Straßenansichten STREET VIEW auch in Deutschland starten will, erhebt
sich reger Protest. Viele sind der Ansicht, die Firma Google verletze damit persönliche Rechte der
Abgebildeten und der Bewohner der Häuser. Dabei gibt es verschiedene Rechtsgüter, die durch die
Herstellung und Bereitstellung derartiger Aufnahmen im Internet betroffen sein können.
1.) Zunächst ist derjenige, der erkennbar abgelichtet wurde, in seinem
Persönlichkeitsrecht betroffen. Das Recht am eigenen Bild steht jedem Abgebildeten zu, eine
Veröffentlichung von Personenbildern darf nur mit dessen Zustimmung erfolgen, es sei
denn er ist auf dem Bild nach § 23 KunstUrhG lediglich als "Beiwerk", also nicht im Vordergrund
stehend anzusehen. Dies wird in der Regel bei den Street-View-Bildern der Fall sein, erst recht,
wenn die Gesichter unkenntlich gemacht werden. Bei manchen Aufnahmen z.B. bei freistehenden Häusern
kann es aber auch sein, dass die abgebildeten Personen nicht mehr nur nebensächlich erscheinen
sondern sogar das Hauptinteresse wecken. Dann darf eine Veröffentlichung nach § 22 KunstUrhG nur
mit Zustimmung der Betroffenen erfolgen. Unter Umständen reicht bei Erkennbarkeit der Person über
die Umgebung, Kleider oder Frisur dann auch eine Unkenntlichmachung des Gesichtes nicht mehr aus
(vgl. LG Hamburg, Urteil vom 20.10.2006 -324 O 922/05- und Urteil vom 27.02.2009 -324 O 703/08-).
2.) Wenn wie bei Google Street View die Fotos aus 2,70 m Höhe gefertigt werden, ist auch nicht
auszuschließen, dass Personen in ihren Wohnungen bei privaten oder gar intimen Vorgängen
fotografiert werden. Dies kann bei Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs sogar
eine Straftat nach § 201a StGB verwirklichen. Wohlgemerkt ist dabei bereits das Herstellen
derartiger Aufnahmen und nicht erst deren Veröffentlichung strafbar. Bestraft werden kann aber
auch derjenige, der sich solche Aufnahmen im Internet ansieht.
3.) Daneben besteht aber auch das Recht des Urhebers eines Bauwerkes, also in der Regel des
Architekten, der durch eine Ablichtung betroffen ist. Auch hier darf eine Vervielfältigung, also
eine Fotografie nur mit der Zustimung des Urhebers erfolgen. Zwar ist eine Aufnahme von
öffentlichen Plätzen jedem erlaubt, doch gehört hierzu eben nur der Raum, der von jedermann auf
öffentlichem Grund einsehbar ist. Hilfsmittel wie eine Leiter oder Beiseiteschieben einer Hecke
für die Aufnahme sind von der Erlaubnis des § 59 UrhG nicht gedeckt. Vor diesem Hintergrund kann
man daher wohl auch vertreten, dass eine 2,70 m hohe Stange auf einem Auto eben auch nicht mehr
der Erlaubnis einer Aufnahme von öffentlichen Plätzen entspricht, so dass dann für Fotografien von
als Werk geschützten Gebäuden eine Erlaubnis eingeholt werden müsste. Bleibt anzumerken, dass nicht
jedes Haus sondern nur Bauwerke mit gewisser Gestaltungshöhe als Werk i.S.d. UrhG anzusehen sind.
4.) Das Hausrecht beschränkt sich hingegen auf den Zugang zum Haus und gibt dem Hausherrn kein
Recht, Außenfotografien über die Grenzen des UrhG hinaus zu verbieten.
5.) Allerdings können die in einem Dienst wie STREET VIEW enthalteen Aufnahmen auch einen Eingriff
in das Datenschutzrecht darstellen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die systemaische
Ablichtung von Straßenzügen einer Stadt eine Sammlung von personenbezogenen Daten darstellt.
Nach der Auffassung von Gerichten (LG Köln, Urteil v. 13.01.2010, Az. 28 O 578/09) und auch der
Mehrzahl der Landesdatenschützer, handelt es sich bei derartigen Geodatensammlungen sehr wohl über
Angaben über die persönlichen oder sachlichen Verhältnisse von Personen. Bei digital erfassten Fotos von Gebäude- und
Grundstücksansichten, die über Geokoordinaten eindeutig lokalisiert und damit einer Gebäudeadresse
und dem Gebäudeeigentümer sowie den Bewohnern zugeordnet werden können, handelt es sich in der
Regel um personenbezogene Daten, deren Erhebung und Verarbeitung nach dem Bundesdatenschutzgesetz
zu beurteilen ist
(LDI-NRW; extern).
Da diese Daten auch leicht (also ohne unverhältnismäßig hohen Aufwand i.S.v. § 3 Abs. 6 BDSG) durch Zusammenführung mit
Adressverzeichnissen einer natürlichen Person zugeordnet werden können, handelt es sich auch nicht
mehr um anonyme Daten.
Nach der BGH-Entscheidung zu "Spick-mich" wird man Diensten wie Google auch nicht das in § 41 BDSG
enthaltene Medienprivileg zuerkennen können. Dies gilt nämlich nur bei Datensammlungen für eigene
redaktionelle Beiträge. Das BDSG ist daher anwendbar mit der Folge, dass eine Speicherung von personenbezogenen Daten
verboten ist, sofern keine Zustimmung des Betroffenen vorliegt oder das Gesetz eine Erlaubnis
vorsieht. Eine Erlaubnis könnte in § 28 oder § 29 BDSG liegen. In vergleichbaren Fällen hat der
BGH (Spick-Mich-Urteil) entschieden, dass mangels vertraglicher Beziehung zu den Betroffenen eine
Erlaubnis nach § 28 BDSG (Datenverarbeitung für eigene Zwecke) nicht in Frage kommt. Auch die Firma
Google verfolgt mit der eigentlichen Erhebung der Daten wohl keinen eigenen Geschäftszweck, wie
dies § 28 BDSG voraussetzt (Ehmann in Simitis, aaO, § 28 Rn. 22; Gola/Schomerus, aaO, § 28 Rn. 4;
Ballhausen/Roggenkamp K&R 2008, 407, 403), sondern erheben und speichern die Daten geschäftsmäßig
im Sinne des § 29 BDSG zur Übermittlung an Dritte (vgl. auch Heller ZUM 2008, 243, 245; Dorn DuD
2008, 98, 100; Dix, DuD 2006, 330). Es handelt sich daher wohl um eine Datensammlung im Interesse
Dritter, nämlich der Internetnutzer, so dass nur § 29 BDSG als Erlaubnis in Betracht kommen kann.
Eine Erhebung und auch Übermittlung von Daten ist demnach erlaubt, wenn das Informationsinteresse
der Allgemeinheit das Recht des einzelnen am Schutz seiner Privatsphäre überwiegt.
In jenem "Spick-Mich-Urteil" hat der BGH noch angenommen, dass das Informationinteresse der
Schüler das Interesse der Lehrerin am Ausschluss einer Bewertung im Bewertungsportal überwiegt.
Dies vor allem deswegen, weil die Lehrerin in einem gesonderten Bereich zu jeder Bewertung Stellung
nehmen könne. Allerdings waren dort wohl auch kaum Tatsachen für ein überwiegendes Interesse der
Lehrerin vorgetragen, so dass die Abwägung zugunsten des Spick-Mich-Portals ausfiel.
In dem Fall der massenhaften Speicherung von privaten Wohnverhältnissen sollte das anders zu
werten sein. Zum einen hat der einzelne keine Veranlassung zur Speicherung in STREET VIEW gegeben
und zum anderen besteht die Gefahr, dass Dritte anonym Auswertungen vornehmen und willkürliche Schlussfolgerungen
über eine Person treffen, die später nicht mehr überprüfbar sind. Rating Agenturen könnten
beispielsweise bestimmte Adressen mit einem malus versehen, was in Kombination mit einem
bestimmten Kaufverhalten zu einer schlechten Bonität führen kann. Die eigentliche Gefahr besteht
wohl darin, dass Dritte über derartige Straßenansichten willkürliche, vorurteilsbelastete Wertungen
treffen, die man kaum widerlegen kann. Im eigentlichen Sinne ist das Recht auf private Verhältnisse
betroffen, was man nicht unüberlegt und schon gar nicht mit dem Argument, ein solche Privatsphäre
sei nicht mehr "zeitgemäß", aufgeben sollte. Das sollte auch dann gelten, wenn man sich selbst als
Nutzer über die vielen Ansichten z.B. für die Urlaubsplanung freuen würde.
6.) Die Bedenken in Deutschland nimmt Google zumindest so ernst, dass es die Möglichkeit
zum Widerspruch gibt. Nach Angaben von Google soll dieses Mietern und Eigentümern
zustehen. Derzeit wird wohl noch kein Nachweis für die Richtigkeit der Wohnanschrift verlangt.
Rein vorsorglich sollte man der Nutzung der Daten zu Werbezwecken oder an Dritte widersprechen.
Die Kanzlei Flick schlägt folgenden Wortlaut für den Widerspruch vor:
(Briefkopf)
Google Inc.
Google Germany GmbH
-Street View-
ABC-Straße 19
20354 Hamburg
vorab per e-mail: streetview-deutschland@google.com
Street View
Widerspruch
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit widerspreche ich als Eigentümer/Mieter des Hauses unter der Anschrift _______________
der Ablichtung und Veröffentlichung der Fotografie des von mir bewohnten/in meinem Eigentum
befindlichen Hauses mit Grundstück im Rahmen von Google Street View oder anderen Internetdiensten.
Ich fordere Sie auch auf, die Bilder aus den Rohdaten zu löschen.
Der weiteren Nutzung meiner oben genannten Daten und Anschrift, insbesondere zu Werbezwecken oder
der Weitergabe an Dritte wird -soweit dies nicht zur Erfüllung dieses Widerspruchs erforderlich ist-
ausdrücklich widersprochen.
Mit freundlichen Grüßen
Name
Unterschrift
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Anm. der Kanzlei:
Diese Aufstellung skizziert nur grob einige der unserer Auffassung nach wichtigsten Änderungen und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Informationen auf dieser Seite erfolgen ohne jede Gewähr.
In Einzelfällen kann es erforderlich sein, bestehenden Ansprüche, Verträge sowie verwendete Allgemeine Geschäftsbedingungen von einem Anwalt überprüfen zu lassen und eventuell an das neue Recht anzupassen. Zu prüfen sind auch eventuelle Haftungsrisiken und Versicherungen.
Gerne beantworten wir noch weitere Fragen zu Gesetzesänderungen auch in anderen Bereichen:
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