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Die Schuldrechtsreform 2002

Am 01.01.2002 tritt das sog. Schuldrechtsreformgesetz (über Prof. Dr. Stephan Lorenz; Universität Augsburg) in Kraft. Endgültig verabschiedet wurde das Gesetz am 09.11.2001.

Die Bundesregierung kommt mit dem Schuldrechtsreformgesetz ihrer Verpflichtung zur Umsetzung von EG-Richtlinien nach. Gleichzeitig wird mit der Schuldrechtsreform eine Modernisierung von Teilen des BGB durchgeführt. Dadurch ergeben sich eine erhebliche Zahl von Veränderungen bzw. Neuerungen im Gesetzestext des Bürgerlichen Gesetzbuchs und den damit verbundenen Nebengesetzen. Wesentliche Änderungen ergeben sich insbesondere hinsichtlich der Verjährungsregelungen, des Leistungsstörungsrechts und des Kauf- und Werkvertragsrechts.

Die neuen Vorschriften erweitern und vereinheitlichen das Gewährleistungsrecht zu Gunsten des Käufers/Verbrauchers. Durch die Änderungen im Leistungsstörungsrecht ist die Alternativität des Anspruchs entweder Rücktritt vom Vertrag oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung weggefallen. Nach der Neuregelung sind beide Ansprüche nebeneinander möglich. Das Rücktrittsrecht ist aber deutlich zu Ungunsten des Herstellers erweitert worden. Der Besteller kann jetzt auch vom Vertrag zurücktreten, ohne dass den Hersteller ein Verschulden für den Mangel treffen muss. Dies war bisher nur beim Werkvertrag möglich.
Die wichtigsten Änderungen sind daher:

  • Der Kunde kann nun bei einem mangelhaften Werk-/ Kaufgegenstand zunächst Nacherfüllung verlangen. Er kann nach Fristsetzung und Ablauf derselben den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Er kann aber auch vom Vertrag zurücktreten oder die Vergütung mindern und Schadensersatz bzw Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen. Die Berechtigung zur Selbstvornahme ist nach neuer Regelung nicht mehr vom Verzug abhängig, sondern setzt lediglich eine Fristsetzung voraus.
  • Für Schadensersatzansprüche führt die Gesetzesreform eine Verschuldensvermutung zu Lasten des Schuldners ein. Ein Ausschluss des Schadensersatzanspruchs ist nur möglich, wenn der Schuldner nachweist, dass ihn kein Verschulden trifft. Daraus folgt ein deutlich höheres Haftungsrisiko als bisher, da zunächst grundsätzlich ein Verschulden unterstellt wird.
  • Die bisher für Softwareprogrammierer ungünstige Regelung der Abnahme im Werkvertrag entfällt, weil die Erstellung von Individualsoftware nun auch als Kaufvertrag anzusehen ist. Das bedeutet, auch bei Erstellung von Individualsoftware wird die Vergütung mit Übergabe fällig.
  • Die gesetzliche Regelung, dass für Softwareverträge im Zweifel die "übliche Vergütung" als vereinbart gilt, entfällt. Es ist daher künftig noch wichtiger als bisher, Software-Projekte erst nach Abschluss eines Vertrags zu beginnen bzw. zumindest eine schriftliche Regelung über die Vergütung zu treffen. Der Auftragnehmer sollte in jedem Fall nachweisbar darauf hinweisen, dass die Leistung keinesfalls unentgeltlich erfolgen soll.
  • Nach neuem Recht haftet der Verkäufer auch für Werbeaussagen des Herstellers, es sei denn, er hatte keine Kenntnis davon oder musste diese Aussagen nicht kennen. Der Verkäufer kann den Hersteller allerdings in Regress nehmen.
  • Die Möglichkeit, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Haftung für Körperschäden auf grobe Fahrlässigkeit zu reduzieren, wird abgeschafft.
  • Künftig wird es auch keine Möglichkeit mehr geben, die Gewährleistung beim Gebrauchsgüterkauf auszuschließen.
  • Die Verjährung ist grundlegend neu geregelt worden. Die regelmäßige Verjährungfrist, die grundsätzlich für alle Ansprüche gilt, wird von 30 Jahren auf 3 Jahre reduziert. Die bisher im kaufmännischen Verkehr übliche kurze Verjährungsfrist von 4 Jahren wird ebenfalls auf 3 Jahre reduziert. Die Verjährungsfrist beginnt am Schluss des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis über die anspruchsbegründenden Umstände sowie die Person des Schuldners erhält.
    Daneben läuft eine weitere Verjährung von grundsätzlich 10 Jahren. Diese Verjährung gilt unabhängig von der Kenntnis des Gläubigers für (fast) alle Ansprüche. Diese Verjährungshöchstfristen begründen keine Jahresendverjährung. Hier ist der Verjährungsbeginn auf den Tag genau zu bestimmen.
  • Die Verjährungsfrist von Mängelbeseitigungsansprüchen (Sachmängelhaftung) des Verkäufers bzw. Unternehmers wird dagegen von bisher 6 Monaten auf nunmehr 2 Jahre ausgedehnt. Eine vertragliche Reduzierung auf 1 Jahr ist bei Verträgen mit Unternehmern sowie bei Schadensersatzansprüchen möglich.
  • Das Gesetz geht nun auch von dem Grundsatz aus, dass Verjährungsfristen durch bestimmte Handlungen wie etwa Klageerhebung oder Beweissicherungsverfahren nur noch gehemmt und nicht mehr unterbrochen (früher=Neubeginn) werden. Ein Neubeginn der Verjährung erkennt das Gesetz jetzt nur noch im Falle des Anerkenntnisses durch den Schuldner und für den Fall an, dass der Gläubiger Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet hat. Neu ist aber, dass die Verjährung durch Verhandlungen über die Ansprüche um den Verhandlungszeitraum verlängert werden. Wichtig ist daher, das Ende von Verhandlungen über streitige Ansprüche schriftlich zu dokumentieren.
  • Ansprüche, die nach altem Recht zum 01.01.2002 bereits verjährt waren, bleiben verjährt. Für Ansprüche, die vor dem 01.01.2002 entstanden aber noch nicht verjährt sind, gilt hingegen die Faustregel des Günstigkeitsprinzips für den Schuldner: Führen die neuen Verjährungsregeln zu einer kürzeren verjährung, so gelten diese, verlängern sie hingegen die früher geltende Verjährung, so bleiben die alten Regeln maßgebend.
  • Grundsätzlich gilt hinsichtlich der Neuregelungen, dass diese ab dem 01.01.2002 das bindende Recht darstellen. Zwingende Regelungen können auch nicht im Wege der Parteivereinbarung nach altem Recht festgesetzt werden. Alle Verträge, die bis zum 31.12.01 geschlossen werden, fallen noch unter die alten Regelungen. Für vor dem 31.12.2001 geschlossene Dauerschuldverhältnisse, wie Leasing-, Rahmen- oder Softwarepflegeverträge gilt das neue Recht erst ab 01.01.2003. Der Gesetzgeber will damit den Vertragsparteien genügend Zeit einräumen, alte Verträge über Dauerschuldverhältnisse an die neuen Bestimmungen anzupassen.

Es ist daher dringend anzuraten, alle bestehenden Ansprüche, Verträge sowie die verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen von einem Anwalt überprüfen zu lassen und eventuell an das neue Recht anzupassen. Zu prüfen sind auch eventuelle Haftungsrisiken und Versicherungen.



Diese Aufstellung skizziert nur grob einige der unserer Auffassung nach wichtigsten Änderungen und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Informationen auf dieser Seite erfolgen ohne jede Gewähr. Fragen richten Sie bitte an:




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