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www.schmidt.de
§ 12 BGB; 5 MarkenG
LG Hannover Urteil vom 22.04.2005; ger. Az.: -9 O 117/04-


1. Auch ein unbekannter Namensträger kann die Herausgabe einer Domain vom unbefugten Inhaber einer bekannten Domain verlangen, wenn dieser kein eigenes Recht zum Führen der Domain nachweisen kann.
2. Ist der bisherige Inhaber der bekannten Domain nicht selbst Namensträger und kann auch keine anderen prioritätsälteren Kennzeichenrechte wie Marke oder Titelschutz vorweisen kommt eine Gestattung durch einen Namensträger nur dann in Betracht, wenn der Gestattende den Umgang mit seinem Namensrecht aus der Hand gegeben hat und es dem Namensnutzer gestattet, mit diesem Namen -weitgehend- frei zu verfahren und den wirtschaftlichen Nutzen daraus -weitgehend- alleine zu ziehen.

(Leitsatz der Kanzlei Flick)

Aus dem Tatbestand:
Die Parteien streiten um den Domainnamen "schmidt.de".

Der Kläger ist staatlich geprüfter gestaltungstechnischer Assistent und erklärt zu beab-sichtigen, seine Dienste im Bereich Webdesign und Grafikdesign/Layout im Internet unter seinem Namen und der Top-Level-Domain ".de" anzubieten. Unbestritten ist der entsprechende Domainname für' die Beklagte bei der zuständigen Vergabestelle, der DENIC e.G., registriert.

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte gebrauche den Namen unbefugt, da der Beklagten weder eigene Namens- noch eigene Markenrechte entsprechenden Inhaltes zustünden.

Er beantragt daher, wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet dazu insbesondere, es habe eine Gestattung durch den Namensinhaber pp. gegeben, so dass sie die entsprechende Webseite unter Verwendung von dessen Namen als eigene Webseite betreibe. Ferner stehe ihr ein Titelschutzrecht gemäß § 5 Abs. 3 des Markengesetzes an dieser Domain zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 29. Oktober 2004 (BI. 143 d. A.) und vom 11. März 2005 (BI. 197 ff. d. A.) verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben entsprechend seinem Beschluss vom 29. Oktober 2004 (BI. 145 d. A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 11. März 2005 (BI. 197 ff. d. A.) verwiesen.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Der geltend gemachte Anspruch steht dem Kläger gemäß § 12 BGB zu.

Nach § 12 BGB kann der zum Gebrauch eines Namens Berechtigte, wenn sein Interesse dadurch verletzt wird, dass ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht, von dem anderen eine Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

1. Dem Kläger, der mit Nachnamen "Schmidt" heißt, steht an diesem Namen ein Namensrecht gemäß § 12 BGB zu.

2. Die Beklagte hat unbefugt den gleichen Namen gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung ausgelöst und damit schutzwürdige Interessen des Klägers verletzt (Namensanmaßung i. S. d. § 12 BGB).

a) Die Beklagte gebraucht den Namen "Schmidt" unbefugt, indem sie die Internetadresse "schmidt.de" für sich hat reservieren lassen.

aa) Die Beklagte gebraucht den Namen Schmidt.

Ein Gebrauch liegt bereits in der Registrierung einer Internetadresse unter dem ent-sprechenden Namen (vgl. BGH, U. v. 26. Juni 2003, BGHZ 155, 273, 275 f. ["Maxem"]). Insoweit ist die Beklagte bei der zuständigen Vergabestelle nach den unstreitig gebliebenen dortigen Eintragungen als Inhaberin registriert.

bb) Der Gebrauch des Namens"Schmidt" durch die Beklagte erfolgt auch unbefugt, da sie dazu nicht berechtigt ist.

aaa) Die Beklagte ist zunächst einmal nicht selbst Trägerin des Namens "Schmidt".

bbb) Es ist ihr darüber hinaus aber auch nicht gelungen nachzuweisen, dass sie von einem berechtigten Inhaber des Namens die Gestattung zur Verwendung von dessen Namen erhalten hat. In entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 986 Abs. 1 BGB kann sich der Inhaber einer Gestattung durch den Namensinhaber, ungeachtet des nur obligatorischen Charakters einer solchen, einredeweise auf deren bessere Priorität gegenüber einem nachfolgenden dritten Namensinhaber berufen (BGH, U. v. 18. März 1993, BGHZ 122, 71, 74 ["Decker"]).

Eine solche Gestattung hat jedoch die hierzu vernommene Zeugin gerade nicht bestätigt. Bei der Gestattung, welche von der Vertretung zu unterscheiden ist, gibt nämlich der Gestattende den Umgang mit seinem Namensrecht -unter eventuell vorbehaltenem Widerspruchsrecht- aus der Hand und gestattet es dem Namensnutzer, mit diesem Namen -weitgehend- frei zu verfahren und den wirtschaftlichen Nutzen daraus -weitgehend- alleine zu ziehen. Anders ist demgegenüber bei der Vertretung letztendlich die vertretene Person, d.h. im vorliegenden Fall der Namensinhaber, entscheidend.

Eben so war jedoch die Konstellation nach den Schilderungen der Zeugin Korbmacher im vorliegenden Fall. Die Zeugin hat gerade nicht bekundet, dass gleichsam der Namensinhaber sich nach der Gestattung aus dem weiteren operativen Vorgehen zurückgezogen hat und sich bis auf mögliche Einspruchsrechte um die weitere Nutzung seines Namens gleichsam nicht gekümmert hat, sondern die Zeugin legte besonderen Wert darauf darzustellen, dass der Namensinhaber stets die inhaltliche Verantwortung für diesen Internetauftritt behalten hat und es an der Beklagten lediglich war, Wünsche anzumelden, über deren Berücksichtigung im Einzelfall dann jedoch der Namensinhaber entschieden hat.

Insoweit kann auch dahin stehen, ob der Aussage der Zeugin mangels Glaubwürdigkeit aus den seitens des Klägervertreters vorgehaltenen Gründen einer strafrechtlichen Verfolgung wegen eines vormaligen Aussagedeliktes nicht gefolgt werden konnte, da die Zeugin jedenfalls das seitens der Beklagten in ihr Wissen Gestellte nicht hat bekunden können. Da die Beklagte sodann nach Erörterung des Beweisergebnisses auf die Einvernahme des weiteren zu diesem Beweisthema wohl benannten Zeugen xxx verzichtet hat, ist sie diesbezüglich zur Überzeugung des Gerichtes beweisfällig geblieben.

Es kann daher auch offen bleiben, ob der Auffassung des Oberlandesgerichtes in Celle, wie dieses sie mutmaßlich in seiner Entscheidung vom 8. April 2004 (13 U 213/03, MMR 2004, 486, 487) geäußert hat, dahingehend zu folgen wäre, dass es nicht sach- und interessengerecht wäre, die Registrierung eines fremden Namens als Domainnamen schon dann als einen -im Verhältnis zu allen Trägern des bürgerlichen Namens- berechtigten Namensgebrauch anzusehen, wenn der Benutzer des Namens die Zustimmung irgendeines Trägers des Namens erhalten hat.

Jedenfalls aber muss nach den in dieser Entscheidung niedergelegten Grundsätzen erst recht jedes andere Interesse, Inhaber einer Domain mit dem Namen eines Dritten zu werden, gegenüber dem Interesse der Träger des bürgerlichen Namens zurücktreten.

ccc) Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf einen Schutz des Titels "schmidt.de" berufen. Soweit sie angeführt hat, -jedenfalls bis zum Ende des Jahres 2004- Inhaberin sämtlicher Rechte an der "Harald-Schmidt-Show" zu sein, könnten ihr Titelschutzrechte auch höchstens an diesem Namen, nicht jedoch an dem allgemein gebräuchlichen bürgerlichen Namen "Schmidt" insgesamt entstanden sein. (S. i. übr. auch BGH, U. v. 27. November 2003, GRUR 2004, 514, passim ["Marke Telekom"]).

b) Bereits die Registrierung des Domainnamens "schmidt.de" führte zu einer Zuordnungsverwirrung.

aaa) Eine Zuordnungsverwirrung tritt dann ein, wenn jemand unberechtigt einen fremden Namen verwendet und als Namensträger identifiziert wird.

bbb) Dies ist regelmäßig der Fall, wenn jemand einen fremden Namen als Internetadresse verwendet, denn in der Verwendung eines unterscheidungskräftigen, nicht sogleich als Gattungsbegriff zu verstehenden Zeichens als Internetadresse wird ein Hinweis auf den (bürgerlichen) Namen des Betreibers des jeweiligen Internetauftritts gesehen (BGHZ 155, 273, 276).

Die Beklagte ist insoweit auch trotz der zuvor festgestellten Nichterweislichkeit ihrer Entscheidungsprärogative als Betreiberin anzusehen, da sie jedenfalls gegenüber der zuständigen Vergabestelle als "materiell Berechtigte" auftritt.

ccc) Zwar wiegt die Verwirrung über die Identität des Betreibers für sich genommen nicht besonders schwer, da sie durch die sich unter dem Domainnamen öffnende Homepage rasch wieder beseitigt wird, jedoch insoweit auch eine geringe Zuordnungsverwirrung für die Namensanmaßung, wenn dadurch das berechtigte Interesse des Namensträgers in besonderem Maße beeinträchtigt wird. Diese Voraussetzungen sind bei der Registrierung des eigenen Namens durch einen Nichtberechtigten unter der in Deutschland üblichen Top-Level-Domain ".de" gegeben, da die aus dieser Kombination gebildete Internetadresse exklusiv ist.

c) Die Beklagte hat dadurch auch schutzwürdige Interessen des Klägers verletzt. Jeder Träger eines unterscheidungskräftigen Namens hat das berechtigte, in der Regel mit einer größeren Zahl gleichnamiger Namensträger geteilte, schutzwürdige Interesse, mit dem eigenen Namen unter der im Inland üblichen und am meisten verwendeten Top-Level-Domain ".de" im Internet aufzutreten. Zwar muss jeder Namensträger hinnehmen, dass ein anderer Träger dieses Namens ihm zuvor kommt und den Namen als Internetadresse für sich registrieren lässt, darüber hinaus möglicherweise auch gegenüber dem Inhaber eines bekannten Zeichens zurücktreten (BGH, U. v. 22. November 2001, BGHZ 149, 191, 200 ff. ["Shell"]). Er braucht aber nicht zu dulden, dass er aufgrund der Registrierung durch einen Nichtberechtigten von der entsprechenden Nutzung seines eigenen Namens ausgeschlossen wird (BGHZ 155, 273, 276 f.).

d) Die Kammer verkennt nicht, dass diese Entscheidung möglicherweise dazu führen kann, dass zukünftig andere weitgehend unbekannte Namensinhaber anwaltlich dahingehend beraten werden, gegen weitere bekannte Gesellschaften, Vereinigungen oder Organisationen wie beispielsweise die seitens des hiesigen Klägervertreters schon genannte CDU in Niedersachsen, die Konrad-Adenauer-Stiftung in St. Augustin oder den SPD-Parteivorstand in Berlin vorzugehen, jedoch wäre dabei in jedem Einzelfall zu prüfen, ob das verständliche Geheimschutzinteresse der betroffenen Herren beispielsweise durch den seitens des Bundesgerichtshofs aufgezeigten Weg der Gestattungsvereinbarung geschützt worden ist.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711, 108 ZPO.


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