|
Tenor Tatbestand Entscheidungsgründe zurück zu den Urteilen
Zustandekommen von Verträgen in Online-Auktionen
§ 145 BGB
LG Münster Urteil vom 21.01.2000;
Az. 4 O 424/99
Ein Vertrag über den Verkauf von Waren, die in privaten Online-Auktionen angeboten werden, kommt erst durch Bestätigung des Kaufgebotes durch den Verkäufer zustande.
Aufgrund des eher glücksspielhaften Charakters einer zeitlimitierten Internetauktion ist die Zuschlagserteilung durch den Internetinhalteanbieter mit dem Zuschlag eines ordentlichen Auktionators nicht vergleichbar, so dass ein Kaufvertrag nicht zustandekommt.
(Leitsatz der Kanzlei Flick)
Aus dem Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob sie im Internet einen wirksamen Vertrag geschlossen haben.
Die A in Hamburg verkauft über das Internet eigene Gegenstände gegen Höchstgebot, vermittelt auf diesem Wege Vertragsabschlüsse mit anderen Anbietern und gibt unter der Bezeichnung xy auch Dritten die Möglichkeit, eigene Verkaufsveranstaltungen durchzuführen.
Eine Teilnahme ist Internetbenutzern nur nach Anerkennung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (...) möglich. Auf diese AGB wird bereits auf der Homepage von A hingewiesen. Die Teilnehmer können durch zweimaliges Anklicken den Text der AGB in druckgerechter Form abrufen.
(Es folgt der Wortlaut der AGBen )
Der Beklagte hat unter eine eigene Verkaufsveranstaltung durchgeführt und als Autohändler und anbietender Teilnehmer einen Neuwagen
(...)
bei einem Startpreis von 10.- DM ohne Angabe eines Mindestpreises vom 22.7.1999, 21.33 Uhr, bis zum 27.7.1999, 21.33 Uhr angeboten.
Ein Neufahrzeug mit diesen Ausstattungsmerkmalen hat im Autohandel einen Listenpreis von 57.000.- DM.
Innerhalb der Bietzeit hat der Kläger als neunhundertdreiundsechzigster und letzter Bieter online ein Angebot über 26.350.- DM abgegeben und von A per e-mail eine Nachricht mit folgendem (...) (dem Zuschlag ) erhalten.
Im vorprozessualen Anwaltsschriftwechsel hat der Beklagte die Lieferung des von ihm angebotenen Fahrzeuges zu dem vom Kläger gebotenen Kaufpreis in Höhe von 26.350.- DM abgelehnt und eine etwaige auf Abschluss eines Kaufvertrages abgegebene Willenserklärung "gemäß § 119 BGB aus Irrtumsgründen angefochten".
Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte habe als anbietender Teilnehmer bei der A im Hinblick auf die Bestimmung in § 5 Abs. 4 AGB durch die Aufnahme des von ihm angebotenen Fahrzeuges auf den Internetseiten von A bereits ein bindendes Vertragsangebot abgegeben, welches seinerseits durch die online erklärte Abgabe des höchsten Gebotes innerhalb des vorgesehenen Bieterzeitraumes angenommen worden sei.
(...)
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist nicht begründet.
Die Parteien haben im Rahmen der vom Anbieter A-AG veranstalteten A-Auktion keinen wirksamen Vertrag geschlossen.
1.
Dabei sind grundsätzlich Bedenken gegen die Zulässigkeit derartiger Online- Verkaufsveranstaltungen, auch unter dem Gesichtspunkt des Gewerberechts im Hinblick auf § 34 b GewO nicht angebracht, da es sich bei den A-Auktionen im Gegensatz zu den vom selben Anbieter ebenfalls durchgeführten ( Auktionen ) um einen Verkauf gegen Höchstgebot handelt ( Landmann/ Rohmer, GewO Bd. I, § 34 b, Rdnr. 60 ). Bei der A-Auktion wird den Kaufinteressenten lediglich eine Frist zur Abgabe von Geboten eingeräumt, nach deren Ablauf keine Übergebote möglich sind und bei der es zur Abgabe eines Höchstgebotes, wie es zum Wesen einer Versteigerung im Sinne der Gewerbeordnung gehört, nicht kommen kann.
Im übrigen wäre das Fehlen einer erforderlichen gewerbeaufsichtlichen Genehmigung ohne Einfluss auf die während einer nicht genehmigten Versteigerung geschlossenen privatrechtlichen Rechtsgeschäfte. Diese sind keinesfalls bei fehlender Genehmigung wegen Verletzung eines gesetzlichen Verbotes gemäß § 134 BGB nichtig, weil sich die gewerblichen Ordnungsvorschriften nicht gegen die Parteien des bürgerlich-rechtlichen Geschäftes richten. ( BGH NJW 1981, 1204; NJW 1968, 2286 ).
2.
Online abgegebene Erklärungen und auf diese Weise geschlossenen Verträge sind nach den allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Rechts wie im normalen Geschäftsleben zu beurteilen
(Hoeren, Rechtsfragen des Internet 1998, Rdnr. 281; Köhler/Arndt, Recht des Internet 1999, Rdnr. 87ff.; Soergel- Wolf, BGB, 13. Auflage, vor § 145, Rdnr. 108 ff.; Palandt- Heinrichs BGB, 59. Auflage, § 145 Rdnr. 6ff.).
Für einen wirksamen Vertragsschluss zwischen den Parteien bedurfte es damit zweier übereinstimmender Willenserklärungen zur Herbeiführung eines rechtlichen Erfolges, nämlich eines Angebotes und dessen Annahme. Diese Erklärungen können rechtswirksam auch per Mausklick online abgegeben werden. (Ernst, NJW-CoR 1997, 165; von Herget DStR 1996, 1288, 1291).
Der Beklagte hat mit der Präsentation des von ihm online angebotenen Kraftfahrzeuges im Rahmen der A-Auktion gegenüber den späteren Bietern noch keinen Antrag auf Abschluss eines Vertrages über das angebotene Fahrzeug abgegeben.
Ein Antrag auf Vertragsschluss muss nämlich bestimmt oder bestimmbar und vom Willen getragen sein, eine endgültige Erklärung in der Rechtssphäre abzugeben, wobei die Endgültigkeit als rechtlicher Bindungswille anzusehen ist (Soergel- Wolf, a.a.O., § 145 Rdnr. 4,5). Durch das Internet übermittelte Aufforderungen zu Bestellungen sind im Zweifel nur als invitatio ad offerendum anzusehen (Palandt- Heinrichs, a.a.O., § 145 Rdnr. 7 a; Soergel-Wolf, a.a.O., § 145, Rdnr. 7).
Auch unter Berücksichtigung der AGB konnte die Präsentation des Fahrzeuges aus der Sicht der auf diese Weise angesprochenen Interessenten nur als die Aufforderung zu Angeboten angesehen werden.
Die rechtliche Wertung der Parteienerklärung muss unter Berücksichtigung der AGB erfolgen ( von Herget, a.a.O. ), da die Parteien diese Bedingungen vor Zulassung zur "ricardo private auktionen" durch den Anbieter anerkennen mussten.
Anerkanntermaßen können AGB auch online wirksam vereinbart werden, wenn vom Verwender ausdrücklich auf diese hingewiesen und dem Vertragspartner Gelegenheit gegeben wird, in zumutbarer Weise von den Bedingungen Kenntnis zu nehmen ( Ernst, NJW-CoR 1997, 165, 167; Köhler/Arndt, a.a.O, Rdnr. 105 ). Auch umfangreiche Geschäftsbedingungen werden bei Vertragsschlüssen im Internet wirksam einbezogen, wenn der Kunde die Möglichkeit hat, sie kostenlos zu kopieren ( Palandt- Heinrichs, a.a.O., AGBG, § 2 Rdnr. 12 ).
Da bereits auf der Homepage von A deren AGB mit einem Mausklick abgerufen, zur Kenntnis genommen und auch von den Netzbenutzern kostenlos ausgedruckt werden können, sind auch diese AGB bei der rechtlichen Bewertung der Parteienerklärungen mit heranzuziehen.
Mit der Beschreibung des Kaufgegenstandes durch den Beklagten entsprechend § 3 AGB hat der Beklagte lediglich Interessenten aufgefordert, Angebote zum Vertragsschluss abzugeben. Dies ergibt sich auch schon im Hinblick auf § 4 (1) AGB, wonach alle Teilnehmer für den angebotenen Gegenstand verbindliche Kaufangebote über die A abgeben können.
Auch aus der Sicht des Klägers konnte deshalb die Präsentation des Kraftfahrzeuges durch den Beklagten nur als Aufforderung zu Angeboten und nicht als bindendes Vertragsangebot gewertet werden.
Daran ändert auch nichts, dass entsprechend § 5 (4) AGB bei A der anbietende Teilnehmer bereits mit der Freischaltung seiner Angebotsseite die Annahme des höchsten wirksam abgegebenen Kaufangebotes erklärt.
3.
Ausgehend von vorstehender Würdigung der Präsentation des Kraftfahrzeuges durch den Beklagten ist somit das letzte Gebot des Klägers während des Angebotszeitraumes im Sinne von § 6 AGB mit dem Kaufpreis von 26.350.- DM als Vertragsangebot gegenüber dem Beklagten anzusehen. Die Kammer geht dabei davon aus, dass der Kläger dieses Angebot als ernsthafte Erklärung seines Willens zum Zwecke einer rechtlichen Bindung abgegeben hat.
Das Vertragsangebot des Klägers ist entsprechend § 4 (7) AGB der A als Empfangsvertreter des Beklagten gemäß § 164 Abs. 3 BGB und damit dem Beklagten zugegangen.
Eine zum Vertragsschluss führende Annahmeerklärung dieses Angebotes seitens des Beklagten kann nicht festgestellt werden. Die A hat weder ausdrücklich noch konkludent auf das Angebot des Klägers eine den Beklagten verpflichtende Annahmeerklärung abgegeben. Nach den AGB kann von einer Bevollmächtigung der A zur Abgabe einer derartigen Erklärung seitens des Beklagten auch nicht ausgegangen werden, da sich die erteilte Vollmacht nach § 4 (7) AGB nur auf den Empfang von Vertragsangeboten erstreckt.
Die von A am 27.7.1999 an den Kläger gerichtete e-mail stellt nach Inhalt und Sinn keine Angebotsannahmeerklärung mit Rechtswirkung für den Beklagten dar. Mit dieser e-mail ist A lediglich ihrer nach § 5 (4) AGB eingegangenen Verpflichtung nachgekommen. Wenn auch dort vom Zustandekommen des Kaufvertrages die Rede ist, so wird dadurch die vom Gesetz für einen wirksamen Vertragsschluss geforderte Annahme eines Vertragsangebotes nicht ersetzt.
4.
Eine Vertragsannahme durch den Beklagten kann auch nicht darin gesehen werden, dass dieser nach § 5 (4) AGB als anbietender Teilnehmer bereits mit der Freischaltung seiner Angebotsseite die Annahme des höchsten wirksam abgegebenen Kaufangebotes erklärt hat. Wenn auch grundsätzliche Bedenken gegen eine derartige vorweggenommene Erklärung nicht gerechtfertigt erscheinen, so ist diese Erklärung des Beklagten doch nicht der Erklärungswert beizumessen, dass er sich auf diese Weise mit einem Verkauf des von ihm im Internet angebotenen PKW zum Preis von 26.350.- DM einverstanden erklärt hat.
Bei der gemäß § 133 BGB gebotenen Auslegung der in § 5 (4) AGB formulierten Annahmeerklärung des Beklagten ist dessen wirklicher Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Entscheidend für das Zustandekommen eines Vertrages ist deshalb, ob der Beklagte mit dieser vorweggenommenen Annahmeerklärung die ihn rechtlich bindende Erklärung abgeben wollte, das höchste innerhalb des Angebotszeitraums abgegebene Vertragsangebot ohne Rücksicht auf dessen Höhe anzunehmen.
Voraussetzung der Auslegung ist, dass die Willenserklärung auslegungsbedürftig ist. Hat die Erklärung nach Wortlaut und Zweck einen eindeutigen Inhalt, ist für eine Auslegung kein Raum (Palandt- Heinrichs, a.a.O., § 133 Rdnr. 6 mit Rechtsprechungshinweisen). Von einem eindeutigen Erklärungsinhalt kann hier jedoch nicht ausgegangen werden. Der Wortlaut des § 5 (4) AGB ist abstrakt und enthält z.B. keine Aussage über den für einen wirksamen Abschluss eines Kaufvertrages gemäß § 433 BGB entscheidenden Kaufpreis, über den eine Einigung zwischen den Vertragsparteien zustandekommen muss.
Bei der Annahmeerklärung des Beklagten handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Diese ist so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. (BGH, NJW 1992, 1446). Es kommt dabei auf den objektiven Erklärungswert und nicht etwa auf die inneren Vorstellungen des Erklärenden an (BGHZ 36,33). Wenn auch im Wortlaut des § 5 (4) AGB eine Annahmeerklärung des Beklagten enthalten ist, so sind bei der Auslegung die außerhalb des Erklärungsaktes liegenden Begleitumstände in diese mit einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (BGH LM BGB § 133 B Nr. 3). Bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen sind aber nur die Umstände zu berücksichtigen, die dem Erklärungsempfänger bekannt oder erkennbar waren. Dabei ist auch der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck und die bestehenden Interessenlage zu berücksichtigen (BGHZ 20, 110, NJW 1981, 1549).
Die Orientierung an Treu und Glauben bedeutet, dass im Zweifel ein Auslegungsergebnis anzustreben ist, das die berechtigten Belange beider Parteien angemessen berücksichtigt und mit den Anforderungen des redlichen Geschäftsverkehrs in Einklang steht (Palandt- Heinrichs, a.a.O., § 133 Rdnr. 20 mit Rechsprechungshinweisen). Der Grundsatz von Treu und Glauben verpflichtet zur billigen Rücksichtnahme auf die schutzwürdigen Interessen des anderen Teils sowie zu einem redlichen und loyalen Verhalten.
Schließlich ist auch die im Verkehr der beteiligten Kreise herrschende tatsächliche Übung als Verkehrssitte zu berücksichtigen. Diese muss jedoch eine gewisse Festigkeit erlangt haben (BGH, NJW 1990, 1724).
5.
Die Anwendung dieser allgemeinen Auslegungsgrundsätze führt dazu, dass der Beklagte das Kaufangebot des Klägers zum Preise von 26.350.- DM über seinen PKW mit einem Listenpreis von rd. 57.000.- DM angenommen hat.
Nach den AGB handelt es sich - wie bereits ausgeführt - um einen PKW-Verkauf im Internet. Dabei mögen beide Parteien davon ausgegangen sein, diesen Vertrag aus ihrer Sicht günstig abzuschließen. Der Kläger konnte jedoch nicht davon ausgehen, dass es sich seitens des Beklagten etwa um eine Werbeveranstaltung handelte, bei der dieser bei Abschluss eines Vertrages auch Vermögenseinbußen zugunsten der Bieter in Kauf nehmen wollte, indem er sich zu einem Vertragsschluss mit einem Kaufpreis unterhalb seiner Einkaufspreise, also zu einem Verlustgeschäft, einverstanden erklären wollte. Allenfalls durfte der Kläger davon ausgehen, dass ihm seitens des Beklagten ein Kaufpreis zugestanden wurde, der unter den im normalen Kraftfahrzeughandel üblichen Preisnachlässen lag, die sich durch sogenannte "Hauspreises" im Autohandel manifestieren.
Dem Kläger kann auch kein schutzwürdiges Interesse zum Abschluss eines Kaufvertrages deutlich unter dem Einstandspreis eines Händlers zuerkannt werden, so dass er auch aus diesem Gesichtspunkt die Erklärungen des Beklagten nicht als Angebotsannahme verstehen konnte.
Dem auch für den Kläger erkennbaren Interesse des Beklagten, das Fahrzeug im Rahmen seines Geschäftsbetriebes möglichst mit Gewinn, jedenfalls nicht mit hohem Verlust zu verkaufen, steht nicht entgegen, dass der Beklagten bewusst von der Angabe eines Mindestpreises abgesehen hat. Allein diese Tatsache rechtfertigt nicht die Annahme des Klägers, der Beklagte sei bereit, das Fahrzeug zu jedem innerhalb des Angebotszeitraumes gebotenen höchsten Preis zu veräußern. Der Beklagte war nicht verpflichtet, einen Mindestpreis anzugeben. Auch A empfiehlt den Anbietern, auf einen Mindestpreis zu verzichten, um auf diese Weise möglichst viele Bieter anzulocken und einen möglichst hohen Preis zu erzielen.
Bei andere Betrachtungsweise müsste auch eine bindende Annahmeerklärung des Beklagten bei einem Bietpreis in einer Größenordnung von nur einigen hundert DM angenommen werden, was bei einem Listenpreis des Fahrzeugs von ca. 57.000.- DM das berechtigte Interesse beider Parteien nicht mehr angemessen berücksichtigt und mit den Anforderungen des redlichen Geschäftsverkehrs nichts gemein hat und allenfalls nach § 762 BGB als ein eine Verbindlichkeit nicht begründendes Spiel anzusehen wäre.
Bei der Auslegung ist auch zu berücksichtigen, dass nach den Bedingungen bei A-Auktionen der Anbieter nach Einrichtung der Angebotsseite bis zum Ende des Angebotszeitraumes seine Eingaben nur um die Beschreibung der angebotenen Gegenstände ergänzen, sonst aber nicht mehr eingreifen und auch Fehler nicht korrigieren kann.
Während es nach § 6 (3) AGB der A möglich ist, den Angebotszeitraum nach eigenem Ermessen zu verkürzen oder zu verlängern oder die Veranstaltung ohne Abschluss eines Vertrages abzubrechen, ist bei A-Auktionen dem anbietenden Teilnehmer diese Möglichkeit verwehrt. Das höchste Angebot wird allein durch das Ende des Angebotszeitraumes und nicht, wie bei einer Versteigerung im Sinne der Gewerbeordnung, durch den Verkehrswert des angebotenen Gegenstandes und die Preisvorstellungen der Interessenten bis zum nicht mehr überbotenen Höchstpreis bestimmt.
Dass es zu einem "höchsten" Angebot weit unter dem Neupreis kommen kann, liegt an den Bedingungen der Verkaufsveranstaltung. Durch die Begrenzung der Bietschritte auf max. 50,00 DM ist eine Vielzahl von Geboten erforderlich, um überhaupt den Kaufpreis in eine realistische Größenordnung zu bringen. Die Gebote im unteren Bereich sind schon allein aus technischen Gründen notwendig, um einen realistischen Bietpreis zu erreichen. Das gilt insbesondere dann, wenn - wie vorliegend- ein niedriger Startpreis angegeben wird. Aus technischen Gründen allein wäre in der vorgegebenen Zeit bei von Anfang an fortlaufenden Angeboten ein weitaus höherer Preis zu erreichen gewesen. Der mit dem Verfahren vertraute Interessent wird jedoch mit der Abgabe von Angeboten zögern, um den Kaufpreis möglichst lange niedrig zu halten, so dass dieser Schluss wegen der Begrenzung der Bietschritte und des Zeitlimits nicht höher steigen kann. So fand erst in der letzten Stunde ein ständiges Überbieten statt. Der Kläger hat selber auf Frage des Gerichts bestätigt, dass er im Hinblick auf den Wert des Fahrzeugs noch weiter geboten hätte, wenn nicht das Zeitlimit erreicht gewesen wäre. Der Anbieter kann seinerseits unter diesen Bedingungen den Kaufpreis nur beeinflussen, indem er durch Dritte ohne eigene Kaufabsicht mitsteigern lässt, um den Kaufpreis höher zu treiben.
Insoweit enthält der Ablauf der A-Auktionen Verlaufsformen, die mehr einem Glücksspiel zuzurechnen sind und einen spannenden Unterhaltungswert haben. Ein "Ausbieten" bis zum Höchstgebot ist nicht möglich. Dass der Beklagte sich mit einem auf diese Weise erzielten Höchstpreis als Vertragsangebot des Klägers bereits durch die antizipierte Annahmeerklärung einverstanden erklären wollte, konnte der Kläger, dem das gesamte Verfahren ebenfalls durch die von ihm akzeptierten AGB bekannt war, nicht annehmen.
Zusammenfassend konnte die vorweggenommene Annahmeerklärung des Beklagten vom Kläger redlicherweise nur so verstanden werden, dass dieser das Fahrzeug nicht unter eigenen Kosten verkaufen wollte. In welcher Höhe diese lagen, ist nicht entscheidend. Bei einem Listenpreis von rd. 57.000.- DM erreicht das Vertragsangebot das Klägers in Höhe von 26.350.- DM den Erwerbspreis des Beklagten bei weitem nicht. Dieser mag im Hinblick auf das vorprozessual zum Zwecke gütlicher Einigung seitens des Beklagten gegenüber dem Kläger erklärte Verkaufsangebot bei 39.000.- DM gelegen haben.
Ein Einkaufspreis des Beklagten in Höhe von 26.350.- DM liegt außerhalb jeder Realität, da dem Autohandel auch über den möglichen Weg beim Reimporten keine Einkaufsmöglichkeit unterhalb der Hälfte des im Inland üblichen Listenpreises zur Verfügung steht.
Eine andere Betrachtungsweise könnte allenfalls dann Platz greifen, wenn es sich bei dem vom Beklagten angebotenen Fahrzeug um Hehlerware handeln würde. Diese Vorstellung kann der Kläger beim vorgetragenen Sachverhalt nicht gehabt haben.
6.
Schließlich ist auch keine Verkehrssitte vorgetragen oder ersichtlich, nach der in Veranstaltungen wie A-Auktionen das im Angebotszeitraum zuletzt abgegebene höchste Gebot von den anbietenden Teilnehmern in jedem Fall angenommen wird.
Gerade der vorliegende Prozess zeigt, dass dieser Streit - soweit ersichtlich - erstmals gerichtlich ausgetragen wird. Eine allgemeine entsprechende Übung besteht nicht. Dass eine Vielzahl von Verkaufsfällen nach entsprechenden A-Auktionen abgewickelt worden sind, ist insoweit unerheblich. Zum einen kann entsprechend den obigen Ausführungen im Einzelfall bei entsprechendem Kaufangebot durchaus von einer bindenden Annahmeerklärung ausgegangen werden. Zum anderen kann nach Abschluss der Veranstaltung eine Annahmeerklärung durch den Anbieter abgegeben werden, die entweder ausdrücklich erfolgt oder stillschweigend in der Übereignung des angebotenen Gegenstandes gegen Zahlung des "Höchstgebotes" liegt. Eine Erklärung in dieser Form hat der Beklagte nicht abgegeben. Er hat sich vielmehr nach dem Ende der Veranstaltung sofort geweigert, dem Kläger den PKW zum Preis von 26.350.- DM zu übereignen.
Auch aus dem im Termin überreichten Urteil des AG Sinsheim (4 C 257/99) vom 10.01.2000 ergibt sich nichts Gegenteiliges. Nach dem Urteilstenor handelte es sich um fünf ca. 3,5 Jahre alte gebrauchte Monitore. Der Sachvortrag des Beklagten ist aus dem Urteil nicht ersichtlich, weil das Gericht ihn als verspätet nicht zugelassen und sich deshalb mit ihm auch nicht auseinandergesetzt hat. Die im vorliegenden Rechtsstreit entscheidenen Fragen werden demnach in diesem Urteil nicht berührt.
Die im Hinblick auf die Durchführung dieser Verkaufsveranstaltung und den Inhalt der AGB festzustellende Rechtsunsicherheit kann nach Ansicht des Gerichts schon wesentlich dadurch gemindert werden, dass zumindest bei neuwertigen Waren vom Anbieter ein von ihm akzeptierter Mindestpreis festgelegt werden muss. Jedem Teilnehmer ist dann klar, dass der Anbieter jeden Preis über diesem Mindestpreis akzeptiert. Auch könnten AGB etwa dem Art. 11 des geänderten Vorschlags für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates über bestimmte rechtliche Aspekte des elektronischen Geschäftsverkehrs im Binnenmarkt angepasst werden (zum Inhalt des Richtlinienvorschlages: Waldenberger, EuZW 1999, 296; Maennel MMR 1999, 187; Hoeren MMR 1999, 192).
Sofern man jedoch - anders als die erkennende Kammer - grundsätzlich auch in der Durchführung einer A-Auktion eine Versteigerung sehen will, die eine sofortige Entscheidung über die Gültigkeit des Zuschlages verlangt, wird die Zulässigkeit auch dieser Auktionen unter gewerberechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen sein.
Die nach geltendem Recht vorzunehmende Auslegung der Erklärungen der Parteien als Teilnehmer an einer A-Auktion hat im vorliegenden Fall mangels einer Annahme des klägerischen Vertragsangebotes durch den Beklagten nicht zu einem Vertragsschluss geführt, so dass die Klage mit den Nebenentscheidungen folgend aus §§ 91, 708, 711, 108 ZPO abzuweisen ist.
drucken www.kanzlei-flick.de
Seitenanfang zurück zu den Urteilen zurück zur Startseite
© 1998-2003 für die Datenbank "Urteile" : Kanzlei Flick , Rechtsanwälte, Hamburg, Germany
|
|