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WM und Werbung
Ge- und Verbote für die Werbung bei der FIFA Fußball WM 2010™
Bis zum Eröffnungsspiel der Fußball WM 2010 ist es nicht mehr lange hin. Allein das Endspiel werden weltweit mehr als eine
Milliarde Menschen sehen. Da ist die Versuchung groß, sich und sein Produkt in den Fokus dieser Massen zu stellen. Allerdings
ist hiermit auch ein erhebliches Risiko verbunden, denn die FIFA sieht sich in Sachen Fußball unmissverständlich als
Monopolist. Die Kanzlei Flick zeigt die rechtlichen Rahmenbedingungen der Werbung und damit verbundene Risiken auf.
Das öffentliche Interesse an der Fußball WM 2006 war ausserordentlich und hat alles in den Schatten gestellt, was man je in
Deutschland an Medienrummel erlebt hat. Die WM 2010 wird einen vergleichbaren Medienauflauf und Medienumsatz erzeugen. Der
WM-Medien-Hype hat einen messbaren Marktwert, den man mit ca. 40 Millionen € beziffern kann. Diese stolze Summe haben
jedenfalls die Exklusivpartner der FIFA 2006 gezahlt, damit sie sich "offizieller Sponsor der FIFA WM 2006" nennen dürfen.
Für 2010 dürfte diese Summe noch höher liegen Damit verbunden ist allerdings nicht nur dieser "Ehrentitel" sondern auch das
Recht, im WM-Trubel als einziger Wettbewerber einer ganzen Produktklasse aufzutauchen. Dieses Recht wird dabei streng bewacht.
So musste beispielsweise der langjährige Partner der Deutschen Nationalmannschaft Daimler-Chrysler den Mercedes-Stern vom
Mannschaftsbus entfernen, weil der offizielle Automobilpartner der FIFA nun einmal Hyundai ist. Der fertigt zwar keine Busse,
hat aber eine mehrfache Millionensumme gezahlt, damit er als Werbepartner geführt wird. Verständlich, dass das Unternehmen
dann neben sich keine Wettbewerber dulden will.
Auch für die Fußball WM 2010 und EM 2012 hat sich die Rechtsprechung nicht geändert. Das Bundespatentgericht hat mit Beschluss
vom 25.11.2009 (ger. Az. 25 W (pat) 35/09) die Wortmarke "EM 2012" für einzelne Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 25
und 30, insbesondere „Druckereierzeugnisse, Bekleidungsstücke“ für nicht eintragungsfähig erklärt, da es an der
Unterscheidungskraft fehle. Mit gleicher Begründung wurde kurze Zeit später (Beschluss vom 28.11.2009, Az. 25 W (pat) 38/09)
auch die Eintragung der Wortmarke "WM 2010" für einzelne Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 25 und 30, insbesondere
„Druckereierzeugnisse, Bekleidungsstücke“ vom Bundespatentgericht als nicht eintragungsfähig zurückgewiesen.
Dabei sind die Rechtsgrundlagen der FIFA vielfältig. Namens-, Marken-, Urheber- und Persönlichkeitsrecht und vor allem Satzung
und Hausrecht. Die Rechte für Marken wie "Fussball WM 2006" wurden zurecht schon vor 4 Jahren wegen bestehendem
Freihaltebedürfnis im Zusammenhang mit Fußball gelöscht worden. Die lange Liste der Waren muss
man aber sehr wohl noch beachten (Aktualisierung 31.05.2006). Zwar hat der BGH die Löschung der Marke "Fussball WM 2006"
wegen Freihaltebedürfnis angeordnet (AZ: I ZB 96/05 und I ZB 97/05 - Beschlüsse vom 27. April 2006). Allerdings darf man die
zahlreichen anderen Marken der FIFA und das Wettberbsrecht nicht außer Acht lassen! So ist z.B. die Marke "WM 2006" für die
FIFA auch als europäische Gemeinschaftsmarke, die in den Mitgliedsstaaten der EU und damit auch in Deutschland Schutz genießt,
angemeldet. Es ist also nicht verwunderlich, dass die FIFA auch nach Löschung der Marke durch den BGH noch einstweilige
Verfügungen bei deutschen Gerichten unter Berufung auf Europäische Marken erwirkt hat (vgl. Meldung vom 18.05.2006 beim
Handelsblatt).
Die FIFA verbat somit Händlern erfolgreich, die Marke "WM 2006" auf T-Shirts und Schlüsselbändern zu benutzen. Schon in einer
ersten Stellungnahme nach dem Urteil des BGH tönte ja auch die FIFA bereits,
dass man Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht in Fällen, in denen sich der Werber an die berühmte Geschäftsbezeichnung der FIFA
anlehnt, weiterhin verfolgen werde. Aber auch aus deutschem Markenrecht kann die FIFA angesichts der Vielzahl ihrer immer noch
eingetragenen Marken weiter gegen vermeintliche Verletzer vorgehen.
So z.B. die Marke "WM 2006". Bei der Marke „WM 2006“ kann nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nämlich nicht von einem
eindeutig beschreibenden Bezug der Bezeichnung ausgegangen werden. Zwar diene „WM 2006“ gleichfalls dazu, einen
internationalen Wettkampf im Jahre 2006 zu beschreiben. Dieses Zeichen sei daher für solche Waren und Dienstleistungen nicht
unterscheidungskräftig. Insoweit hat der Bundesgerichtshof auch die Löschung der Marke „WM 2006“ für sport- und
fussballbezogene Waren und Dienstleistungen bestätigt. Anders als bei der Bezeichnung „FUSSBALL WM 2006“ könne bei „WM 2006“
jedoch nicht angenommen werden, dass der angesprochene Verkehr diese Angabe allgemein, d.h. für alle beanspruchten Waren und
Dienstleistungen, als nicht unterscheidungskräftigen Hinweis auf die Veranstaltung einer Weltmeisterschaft im Jahre 2006 als
solche verstehe und ein solches Verkehrsverständnis bereits im Zeitpunkt der Eintragung Anfang 2003 bestanden habe. „WM 2006“
sei eine Zahlen- und Buchstabenkombination, die nicht notwendig für jede Ware oder Dienstleistung einen Bezug zu einer
Weltmeisterschaft im Jahre 2006 nahe lege. Hier müsse also differenziert werden. Solche differenzierende Prüfung wird das
Bundespatentgericht hinsichtlich der von ihm belassenen Waren und Dienstleistungen vorzunehmen haben.
Das Europäische Markenamt (HABM) bestätigte dagegen am 28. Oktober die europäischen Gemeinschaftsmarken der Fifa in vollem
Umfang (Az: 969 C 002155521). Die mittlerweile hierzu bestehende Rechtsprechung ist leider auch nicht einheitlich
(OLG Hamburg: Marken der FIFA schutzfähig; OLG Frankfurt: Marken nicht schutzfähig). Erfreulich ist dabei aber, dass der BGH
noch vor der WM über die Eintragungsfähigkeit der FIFA-Marken entschieden und somit Rechssicherheit hergestellt hatte. Für
viele Werber kam dies allerdings zu spät.
Die FIFA hat aber bereits 2006 eine Negativliste von Branchen wie z.B. Bäckereien erstellt, die keine Nähe zu den
Exklusivpartnern haben und daher eine Lizenz für eine Bewerbung von WM-Events erwerben können. Wer dennoch unerlaubt mit der
WM wirbt, hat erhebliche Kosten zu fürchten. Allein die Prozesskosten werden im Falle des Unterliegens nicht unter
10.000,00 EUR liegen, denn erfahrungsgemäß setzt die FIFA einen sehr hohen Streitwert in diesen Streitfällen an. Hinzu kommt
der Schadensersatz, der normalerweise in Höhe einer üblichen Lizenzgebühr liegt. Ein Verletzungsprozess der FIFA kann
angesichts des bestehenden Kostenrisikos für ein mittelständisches Unternehmen schnell den Ruin bedeuten.
Auf Nachsicht braucht man dabei nicht zu hoffen. Bei der WM in Japan und Südkorea wurden laut FIFA 3,1 Millionen Produkte
beschlagnahmt und 1.881 Fälle von Rechtsverletzungen aufgedeckt. In 90% dieser Fälle wurden die bestehenden Ansprüche der
FIFA auch gerichtlich erfolgreich durchgesetzt. Bezüglich der WM 2006 wurde bereits im Vorfeld schon 330 mal gegen
Rechtsverletzungen vorgegangen.
Von anderen Sportverbänden kennt man sogar ein noch rigoroseres Vorgehen: Bei den olympischen Spielen in Athen wurden z.B.
Zuschauern, die T-Shirts mit Logos von anderen als den offiziellen Partnern trugen, der Zutritt zu den Stadien verwehrt.
Diesem Werbefeldzug setzen einige Unternehmen eine ebenso bewährte wie hinterhältige Taktik entgegen: Guerilla-Werbung. Man
schickt nackte Flitzer mit aufgemalter Webadresse aufs Spielfeld. Einen solchen rechtlich fragwürdigen PR-Gag kann sich
leider nicht jedes Produkt leisten, man stelle sich nur mal einen Flitzer der Deutschen Bank vor.
Andererseits gibt es wohl kaum eine Sportart, die so sehr zum Gemeingut gehört wie Fußball. Etwas subtiler ist daher ein
anderer Ansatz, den man neudeutsch als "Ambush-Marketing" bezeichnet. Ein ebenso aus dem Bereich der Kriegsführung entlehnter
Begriff, der das Werbeschlachtfeld komplettiert. Darunter versteht die FIFA jede nicht autorisierte Meldung oder Werbung im
Zusammenhang mit der FIFA WM 2006. Juristisch bewegt sich "Ambush-Marketing" in der Grauzone. Manche Kollegen behaupten sogar,
es sei "unmoralisch", was auch immer das heißen mag. Dann kann also kein Busunternehmen mit Fahrten zur WM werben, kein
WM-Gedeck und keine WM-Arrangement? Sicher ist in diesem Zusammenhang nur, dass man jede Werbung im Einzelfall auf
Zulässigkeit wird prüfen müssen.
Wem das Verbot eines "WM-Tellers" als abwegig erscheint, dem sollten noch einmal ein paar Beispiele in Erinnerung gerufen
werden: Der ehemalige Internet-Provider AOL durfte beispielsweise in der Werbung nicht mit dem Slogan auftreten: "AOL-ARENA!
Austragungsort der Fußball WM 2006". Die FIFA konnte sogar durchsetzen, dass die Städte Verkehrs- und Hinweisschilder mit
Namen der Sponsoren-Arenen abkleben. Bei diesen weitreichenden Maßnahmen kann man erahnen, was mit einem Mittelständler
passiert, der eine Kiste Bier und 3 Tüten Chips als "Fussball-WM-Special" bewirbt. In der AOL-Arena mussten in den WCs sogar
die Kacheln mit Firmenlogos herausgerissen werden. Da wird man nicht erwarten können, dass man den tausendfach gedruckten
Prospekt noch aufbrauchen kann. Erst recht sei an dieser Stelle jedem Inhaber von FIFA- und WM- Domains geraten, sich
entweder eine große Kriegskasse zuzulegen oder aber die Domain schnellstmöglich freizugeben. Dies gilt auch für Sub-Domains
und Titelleisten!
Die genannten Auswüchse des Marketings lassen erahnen, dass der wirtschaftliche Wert der WM 2006 noch deutlich höher liegt
als die erwähnten 41 Millionen €. Das bedeutet aber gleichzeitig, dass die FIFA versuchen wird, den Wert der
Exklusiv-Partnerschaften durch unerbittliches Vorgehen zu steigern.
Ein Bereich, den die FIFA dabei nur schwer kontrollieren kann, ist jedoch die Berichterstattung, weil hier auch immer das
hohe Gut der Pressefreiheit betroffen ist. Zwar wurden die Übertragungsrechte, die letztlich auch auf das Hausrecht
zurückzuführen sind, exklusiv vergeben. Doch steht es jedem Medienunternehmen frei, über das Ereignis zu berichten. Die
Nachricht, wer im Halbfinale ist, kann als solche nicht geschützt werden. Unternehmen sollten also darüber nachdenken,
verstärkt in den Medien, die über die WM berichten, zu werben und Kooperationen einzugehen. Eine ganzseitige Werbung
gegenüber dem Vorbericht zum Finale der Fußballweltmeisterschaft wird die FIFA wohl nicht verbieten können. Ebensowenig wird
man einem Teledienst untersagen können, auf seinem Portal live zum Spielgeschehen Flash-Animationen darzustellen und eine
umfassende Ergebnisdatenbank zu erstellen. Hier ist schlicht Fantasie gefragt und der Mut, bekannte Wege des Marketings zu
verlassen, gleichzeitig aber auf juristisch unbedenklichen Pfaden zu bleiben. Als Beispiel sei hier auch die "Wir holen den
Titel"-Kampagne von MEDIAMARKT genannt, in dem der Fußball nicht erwähnt wird, aber auf die Assoziation mit "WM-Titel"
gesetzt wird. Dies sollte vor Gericht ebenso Bestand haben wie z.B. auch der Verkauf T-Shirts mit schwarz-rot-goldenem
Bündchen oder das Bedrucken von Einkaufstüten mit Nationalflaggen.
In diesem Zusammenhang wird die WM auch einen messbaren Technologieschub bringen. Fragen wie, "Wer braucht Fernsehen auf dem
Handy?" werden dann beantwortet: "Wir alle!" Zumindest dann, wenn wir während eines Spiels des Lieblingsteams unterwegs sind.
Neue Technologien wie Podcasting, UMTS, DVB-H oder Location Based
Services mit vielen Applicationen für das Handy erhalten eine einzigartige Gelegenheit zu zeigen, was wirklich in ihnen steckt.
Bei der Fülle der aufgezeigten Probleme ist zu bedenken, dass man eine juristische Klärung frühzeitig herbeiführen sollte.
Man kann sicher so weit gehen, dass während der WM keine Werbekampagne mit noch so geringer Nähe zum Fußball ungeprüft
geplant werden sollte. Der Rat eines in Fragen der Werbung und Marken profilierten Juristen hilft dabei, unnötige Kosten und
Risiken zu vermeiden.
Guido Flick
www.kanzlei-flick.de
Stand 31.05.2010
Alle genannten Marken sind Schutzmarken Dritter, deren Rechte hiermit ausdrücklich anerkannt werden. Der Artikel ist in
einer ursprünglicheren Fassung auch erschienen bei Business & Law November 2005.
Diese Aufstellung skizziert nur grob einige der unserer Auffassung nach wichtigsten Haftungstatbestände und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
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