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Fundstelle: MMR 2001, 237

sauna.de
§§ 1, 3 UWG, § 8 MarkenG
OLG Hamm; Urteil vom 2.11.2000 - 4 U 95/00 - (LG Münster);
(rechtskräftig)

1. Die Verwendung eines Gattungsbegriffes wie "Sauna" als Domainname erzeugt beim Nutzer nicht die Erwartung, er werde unter dieser Adresse ein Angebot aller Saunabetreiber in Deutschland finden.
2. Für Domainnamen gilt nicht das in § 8 MarkenG formulierte Freihaltebedürfnis bei Gattungsbegriffen, auch nicht analog.
3. Es gilt nicht die grundsätzliche Vermutung, dass ein Nutzer bei Aufruf einer Domain wie "sauna.de" keine weitere Informationen im Internet suchen wird.
4. Die Verwendung einer beschreibenden Domain ist nicht unter allen Umständen sittenwirdig.

(Leitsatz der Kanzlei Flick)

Aus dem Tatbestand:
Die Parteien sind Hersteller von Einbau- und Gartensaunen, die sie nebst Zubehör bundesweit vertreiben. Die Ag. tritt im Internet unter der Domain "www.sauna.de" auf und wirbt auf der zugehörigen Homepage für ihre Produkte. Als erstes erscheint dort ihr Firmen-logo.
Hyperlinks zu anderen Anbietern existieren nicht. Die Ast. hielt die Verwendung dieses Gattungsbegriffs als Internetadresse für wettbewerbswidrig und nahm die Ag. im Wege des Eilverfahrens auf Unterlassung in Anspruch. Das angerufene LG Münster hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vollumfänglich zurückgewiesen. Ein Unterlassungsanspruch ergebe sich nicht aus analoger Anwendung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG. Es liege auch weder eine Irreführung i.S.v. § 3 UWG noch eine wettbewerbswidrige Behinderung nach § 1 UWG vor.

Mit der Berufung macht die Ast. geltend, dass die faktische Monopolisierung der Gattungsbezeichnung "sauna" durch die Ag. zu einer Irreführung der Verbraucher führe. Diese erwarteten unter einer solchen beschreibenden Angabe einen Überblick über eine zumindest repräsentative Zahl von Anbietern auf dem betreffenden Gebiet und nicht nur die Werbung eines einzigen Herstellers. Der in § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG normierte Gedanke des Freihaltebedürfnisses müsse, wenn nicht über eine analoge Anwendung dieser Vorschrift, jedenfalls über § 1 UWG berücksichtigt werden. Es sei der Tatbestand der Behinderung erfüllt, denn die Ag. kanalisiere durch die Monopolisierung der Gattungsbezeichnung die Kundenströme auf sich. Potenzielle Kunden würden bei dem Angebot, das am einfachsten gefunden werden könne, hängen bleiben.

Die Ag. ist dem mit folgenden Argumenten entgegengetreten: Da der Internetnutzer das existierende Domain-Vergabe-System kenne (und insb. von der fehlenden inhaltlichen Prüfung wisse), erwarte er hinter einer beschreibenden Second-Level-Domain keinen repräsentativen Marktüberblick. Jedenfalls fehle es an der erforderlichen wettbewerblichen Relevanz. Auch § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG sei im Hinblick auf das Fehlen einer vergleichbaren Monopolstellung und eines staatlichen Prüfverfahrens sowie die andernfalls eintretende "Tabuisierung" beschreibender Second-Level-Domains auf diesen Fall nicht analog anwendbar. Schließlich sei ein Verstoß gegen § 1 UWG nicht gegeben: Eine wettbewerbswidrige Behinderung scheitere in tatsächlicher Hinsicht an der Existenz von Suchmaschinen und in rechtlicher Hinsicht an der "negativen Tendenz"; vielmehr seien die mit der Nutzung beschreibender Second-Level-Domains etwa verbundenen Wettbewerbsvorteile adäquater Ausdruck des wettbewerbsrechtlichen Leistungsprinzips. Auch das Ausnutzen der Bequemlichkeit des Internetnutzers finde bei höherwertigen Konsumgütern tatsächlich nicht statt und wäre ggf. auch nicht sittenwidrig.
(...)

Aus den Entscheidungsgründen:
Die Berufung der Ast. ist unbegründet.

Das LG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Recht zurückgewiesen, weil ein Verfügungsanspruch nicht ersichtlich ist. Ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot des § 3 UWG liegt nicht vor.

Die Ag. macht mit der Verwendung der Gattungsbezeichnung "Sauna" ohne weitere Zusätze als Internetdomain keine irreführende Angabe über ihre geschäftlichen Verhältnisse oder ihr Warenangebot. Mit dem Begriff "Sauna" ist das Leistungsangebot der Ag. vielmehr thematisch zutreffend beschrieben. Sie bietet tatsächlich Produkte aus dem Saunabereich an.
Eine Erwartung des angesprochenen Verkehrs dahingehend, dass unter der verwendeten Bezeichnung eine Ubersicht über die wesentlichen Anbieter des betreffenden Markts geboten würde, ist nicht anzunehmen, zumindest nicht glaubhaft gemacht. Unter den Oberbegriff "sauna" fallen so unterschiedliche Bereiche wie das Betreiben von Saunaanlagen zur Benutzung durch einzelne Besucher einerseits und der Verkauf von Saunaeinrichtungen andererseits. Schon wegen dieses weitgestreckten Feldes von Dienstleistungs- und Warenangeboten kann ein bestimmtes Verkehrsverständnis mit der angegriffenen Domain nicht verbunden werden.
Internetnutzer wissen zudem regelmäßig, dass die Domains ohne sachliche Prüfung des dahinter stehenden Programmangebots vergeben werden. Vor allem aber enthält die hier beanstandete Domain der Ag. keinerlei Anhaltspunkte dahin, dass etwa ein allgemeiner Überblick zu dem betreffenden Thema geboten würde. Bei einem Gattungsbegriff ohne weitere Zusätze, wie er hier verwendet wird, erwartet der Internetnutzer eine Präsentation aus diesem Bereich, nicht aber einen übergeordneten Informationsdienst (so auch OLG Frankfurt WRP 1997, 341, 342 - Wirtschaft-Online).
Zumindest fehlt es an der wettbewerbsrechtlichen Relevanz einer möglicherweise eingetretenen Irreführung.

Selbst wenn ein Internetnutzer die von der Ast. behauptete Vorstellung haben sollte, wird er seinen Irrtum bei einem Zugriff auf die Seiten der Ag. sofort erkennen. Gerade derjenige, der eine repräsentative Marktübersicht erwartet, wird dann nicht bei dem Angebot eines einzelnen Herstellers verbleiben, sondern seine Suche auf anderen Wegen, etwa über Suchmaschinen, fortsetzen. Die etwaige Fehlvorstellung wird die Kaufentschließung eines potenziellen Kunden danach letztlich nicht beeinflussen.

Ein Verstoß gegen § 1 UWG ist ebenfalls nicht gegeben. Ein Fall einer wettbewerbswidrigen Behinderung liegt nicht vor. Eine analoge Anwendung von § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG hat das LG mit zutreffender Begründung abgelehnt. Es handelt sich um nicht vergleichbare Regelungsbereiche. Im Markenrecht ist vor der Eintragung ein Verfahren vor einer staatlichen Behörde zu durchlaufen, in dem u.a. eine Prüfung der Unterscheidungskraft und des Freihaltebedürfnisses erfolgt. Wird eine Markeneintragung vorgenommen, so ist der Berechtigte nicht nur gegen identische Verwendungsformen, sondern auch gegen die Benutzung ähnlicher verwechslungsfähiger Bezeichnungen geschützt.
Die Registrierung von Internetadressen erfolgt dagegen ohne vergleichbare Kontrollbehörde und ohne inhaltliche Überprüfung allein danach, ob die gewünschte Bezeichnung belegt ist. Die aus einer Belegung folgende Sperrwirkung kann schon durch geringfügigste Abwandlungen überwunden werden. Grenzen für die Wahl einer beschreibenden Internetdomain können sich daher nur aus allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Vorschriften ergeben (vgl. OLG Frankfurt, a.a.O.; Kur, CR 1996,325,328; Ubber, WRP 1997,497 ,51 0; Hartmann, CR 1999,782).

Eine unlautere Behinderung der Mitbewerber durch die Verwendung der Internetdomain der Ag. ist nicht erkennbar. Ein verständiger Sauna-Interessent weiß, dass es mehrere Anbieter auf diesem Markt gibt. Er erkennt bei Nutzung der Internetadresse der Ag. sofort, dass es sich hier nur um das Angebot eines einzelnen Herstellers handelt. Angesichts der Höhe der Investition, die mit dem Erwerb einer Sauna verbunden ist, wird er sich nicht davon abhalten lassen, sich auch anderweitig zu informieren, z.B. über eine Suchmaschine. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass es ein Kaufinteressent aus Bequemlichkeit unterlässt, nach weiteren Anbietern zu suchen.

Der danach aus der Verwendung der beanstandeten Internetdomain folgende Kanalisierungseffekt ist von fraglicher Bedeutung, jedenfalls aber nicht sittenwidrig i.S.v. § 1 UWG. Die Ag. hat lediglich den Vorteil eines ersten Zugriffs potenzieller Interessenten. Dieser Vorteil beruht darauf, dass sie sich als Erste unter dem Gattungsbegriff hat registrieren lassen. Das aber ist grundsätzlich wettbewerbskonform, wie es etwa auch die Eröffnung des ersten Geschäfts einer bestimmten Branche in einer speziellen verkehrsgünstigen Lage ist. So weit daraus eine Behinderung anderer Anbieter folgt, ist das eine normale Erscheinung des Leistungswettbewerbs (vgl. Renck, WRP 2000, 264, 267; Hartmann, a.a.O., S. 783).
Die von der Ast. zur Stützung ihrer gegenteiligen Auffassung angeführte Entscheidung des OLG Hamburg (... = mitwohnzentrale.de) lässt sich auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragen. Im Fall des OLG Hamburg wurde unter der Domain "mitwohnzentrale.de" von einem bestimmten Verband ein ihm angeschlossener größerer Kreis von Abnehmern über Links präsentiert. Ausgeschlossen waren zahlreiche einem konkurrierenden Verband angehörende Mitbewerber. In jener Situation konnte von einer nachhaltigen Beeinträchtigung des Wettbewerbs durch Abfangen von Kunden gesprochen werden, zu mal Interessenten regelmäßig über die Existenz eines weiteren Mitbewerberkreises im Unklaren waren und ihnen bereits eine umfangreiche Palette verschiedener Anbieter unterbreitet wurde, so dass eine weitere Suche nach Alternativen häufig unterblieb. In diesem maßgeblichen Punkt liegt der vorliegende Fall ganz anders. Hier werden Interessenten gerade nicht abgehalten, andere Angebote einzuholen.

(...)


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